Wolfgang Eckardt
Radionostalgie – GFGF
Schillstraße 8, D 07749 Jena
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www.radionostalgie.info
Jena, den 09.09.2003
Pressemitteilung für die
Sonderausstellung „Unser Radio wird 80“ im Stadtmuseum Göhre Jena vom 02. Okt.
bis 23. Nov. 2003.
Unser
Radio wird 80
Sonderausstellung
zur Rundfunkgeschichte mit Historischen Radios
von
1925 bis in die 80er Jahre aus der Sammlung Wolfgang Eckardt, Jena
Das Radiohören ist für
uns eine Selbstverständlichkeit, über die kaum noch jemand nachdenkt. Dabei
werden es am 29. Oktober dieses Jahres gerade 80 Jahre, dass das "Wunder
aus der Luft" - wie es damals genannt wurde - auf deutschem Boden für
jedermann Wirklichkeit wurde. An diesem Tag strahlte der Berliner Sender aus
dem "Vox-Haus" auf "Welle 400" - gemeint sind 400 m
Wellenlänge, das entspricht 750 kHz - zum ersten Male sein Programm "zur
Unterhaltung und Belehrung" mit ganzen 250 Watt Senderleistung aus. Heute
sind dagegen mehr als 100 Kilowatt für einen Sender auf der Mittelwelle üblich.
- Dieser 29. Oktober 1923 gilt als die
Geburtsstunde des Rundfunks in Deutschland.
Nach
diesem Start des Unterhaltungsrundfunks vor 80 Jahren in Deutschland bemühte
man sich auch in anderen deutschen Großstädten, Radioprogramme für jedermann
„zur Unterhaltung und Belehrung“ auszustrahlen. 467 Teilnehmer wurden anfangs gezählt, die überwiegende Mehrheit waren
"Zaungäste", sie hörten einfach "schwarz", denn für eine
Genehmigung zum Hören musste man 350 Mrd. Mark auf den Tisch des Staates legen!
Ende 1925 überschritt man dann die Millionengrenze an zahlenden Teilnehmern,
nachdem die monatlichen Gebühren am 14. Mai 1924 auf 2,- RM festgelegt wurden.
Für unser Territorium war der Sender Leipzig auf Welle 452 m von Bedeutung, der am 1. März 1924 anlässlich der Leipziger Frühjahrsmesse als zweiter Sender der Weimarer Republik durch die MIRAG, die Mitteldeutsche Rundfunk-Aktiengesellschaft, in Betrieb ging. Er gilt somit als der Vorfahr des heutigen Leipziger Mittelwellensenders auf 783 kHz, der das Programm „MDR Info“ ausstrahlt.
Mit
der Zulassung des Rundfunks begannen viele Firmen, Rundfunkempfänger zu bauen.
Auswirkungen des ersten Weltkrieges führten aber auch dazu, dass sich viele, um
Geld zu sparen, ihren ersten Detektor-Empfänger selbst bauten: Lediglich eine
Spule, ein Kondensator, ein Detektorkristall und ein Kopfhörer waren dazu
nötig. Mit diesen Teilen, in der richtigen Schaltung verbunden, und einer
Antenne - ein 10-20 m langer Draht, hoch aufgehängt - sowie einer Verbindung
zur „Erde" (z.B. zur Wasserleitung) konnte und kann man noch heute den Mittelwellen-Ortssender
im Umkreis von 30-50 km hören.
Am
26. März 1931 gelang es in Jena erstmals auf der Welt, eine Hörfunk-Reportage
auf UKW aus dem Technisch-Physikalischen Institut (Prof. Abraham Esau)
über 2 km zur „Besprechungsstelle“ Jena auf den Sender nach Leipzig zu
übertragen.
Und
die Entwicklung schritt rasch voran. Fortschritte bei der Technik der
Elektronenröhren führten bald zu Empfängern mit hoher Empfindlichkeit und
Trennschärfe, die einfach zu bedienen waren. Nach der Machtübernahme durch die
Faschisten im Jahre 1933 erfuhr der Rundfunk eine völlig andere Bedeutung. Mit
der Parole „Rundfunk in jedes Haus" setzte das von Goebbels geleitete
„Reichministerium für Volksaufklärung und Propaganda“ die Produktion eines
einheitlichen und damit billigen Zweiröhren-Einkreisempfängers durch, der die
Bezeichnung „Volksempfänger" erhielt. Der Rundfunk war damit bewusst und
gezielt zu einem politischen Massenmedium geworden.
Die
Sonderausstellung im Jenaer Stadtmuseum bietet Einblicke in die verschiedenen
Entwicklungsstadien der Rundfunkgeschichte. An Hand von über 100 größtenteils
funktionstüchtiger Geräte, vom Detektor über den Volksempfänger bis zum
UKW-Stereogerät der 80er Jahre, vom Anfang der „Integrierten Schaltung“ in den
20er Jahren über das Kofferradio bis zum „Designer-“ (oder Kitsch- ?) Radio
wird die mit Heinrich Hertz beginnende Geschichte der Rundfunktechnik
aufgezeigt.
„Schau
rein, um zu hören“ gilt für den interessierten Besucher, der vielleicht ebenso sein
Radio – oder das seines Opas – entdecken wird wie der fachkundige sich gern an
die alten „Dampfradios“ mit ihren Eigenheiten erinnern wird und mal wieder
„fachsimpeln“ kann. Zahlreiche Dokumente vervollkommnen die Ausstellung und
belegen die Entwicklung. Für Schulklassen werden technisch-historische, den
Fachunterricht begleitende und ergänzende Führungen für eine Projektarbeit
angeboten.
Die
ausgestellten Radios nach 1945 beschränken sich auf das Gebiet der damaligen
„Sowjetischen Besatzungszone“ und der DDR, wobei gerade im Mitteldeutschen Raum
– also dem Sendegebiet des MDR – in Sonneberg, Apolda, Halle, Quedlinburg,
Rochlitz, Staßfurt, Stollberg .... die
begehrten Rundfunkempfänger vom Band liefen.
Von der
Öffentlichkeit fast unbemerkt aber ist die einst weltbekannte deutsche Radioindustrie
im Laufe der letzten 25 Jahre von
Fernost-High-Tech-Ländern überholt worden und gehört heute der Vergangenheit an. Denon,
Keenwood, Sony, Technics, Yamaha .... heißen heute unter anderen die gängigen
Hersteller von Radiogeräten.
Führungen durch den Aussteller mit Vorführung der original erhaltenen Geräte:
4./5.10.; 25./26.10.; 8./9.11.; 22./23.11. jeweils 10.30 und 15.00 Uhr,
16.10. und 13.11. jeweils 19.30Uhr sowie
nach vorheriger Vereinbarung zu den Öffnungszeiten
mit Gelegenheit zum „Fachsimpeln“ mit dem Aussteller.
Verlängert bis 30.11.2003 >> siehe „Führungen“
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Wolfgang Eckardt
Wolfgang Eckardt war bis 2001 als Fachlehrer für Physik und Informatik sowie als Medienpädagoge in Jena tätig. Seit 1983 sammelt er aktiv und ist Mitglied der „Gesellschaft der Freunde der Geschichte des Funkwesens“ (GFGF).